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Resümee – 2. Semester – Lehrgang „Strukturreform"

Harald Pfeffer, 27.06.2014

„Strukturreform - wir machen mit": Das ist das Thema unseres Lehrganges und das „wir machen mit" ist wohl das Ziel des Lehrganges, soweit wir nicht schon sowie so mitten drin beteiligt sind.
In den vergangenen drei Abenden sind uns zu diesem Veränderungsprozess
- ein Prozess, der schon seit Jahren längst im Gange ist, ob wir das wollen oder nicht -
Drei verschiedene Zugangstore, Anknüpfungspunkte dargelegt worden.

Am 4. April hat Domprediger Dr. Huscava in spannender Weise

2000 Jahre Christentum Revue passieren lassen und in einer Geschichte der Kirchenstruktur aufgezeigt, dass sich in diesen 2000 Jahren die Struktur der Kirche Jesu Christi immer wieder verändert hat. Unsere Zeit macht da keine Ausnahme.

In der Urgemeinde in Jerusalem versammelten sich die Apostel und Jünger Jesu im Tempel und Synagogen. Von dort trugen die Apostel und ihre Gefährten die Botschaft Jesu nach Syrien, Kleinasien, Griechenland bis nach Rom.

Nicht nur Juden, auch Griechen, Römer, Heiden, Menschen verschiedenster Herkunft fanden zum Glauben.

Von den Juden aus den Synagogen vertrieben, von den Römern wegen der Verweigerung des Kaiserkults wiederholt blutig verfolgt, versammelten sich die Christen in Privathäusern. Es gab Älteste, Presbyter, auch Bischöfe, Episcoboi, Zentrum war das Herrenmahl, die Eucharistie. Kennzeichen war: sie bildeten offene Gemeinden.

Kaiser Konstantin erkannte den möglichen Nutzen des Christentums für das Kaiserreich. Er beendete die Verfolgungen, erlaubte die Religion, die Bischöfe übernahmen Staatsaufgaben, wurden Amtmänner. Das Geistliche und das Weltliche bildeten eine Einheit, das Christentum wurde Staatsreligion.

Als das Westreich im Sturm der Völkerwanderung zusammenbrach gelang es den Päpsten die Germanen zu gewinnen: Angelsachsen, Franken; der hl. Bonifaz gründete Bischofssitze; ausgehend von Nursia (Benedikt) über Cluny wurde Europa von einem Netz von Klöstern überzogen : die Klöster wurden Kulturträgen und Zentren des geistlichen Lebens, kultivierten das Land, Pfarren wurden gegründet und wieder übernahmen Bischöfe Staatsaufgaben, wurden Reichsfürsten, das Reich ein heiliges römisches Reich deutscher Nation.

Das aber führte zu Spannungen. Zwischen Papst und dem Kaiser und auch den Fürsten. Schon mit dem Investiturstreit (Wer darf Bischöfe einsetzen, Kaiser oder Papst) brach das Geistliche und das Weltliche wieder auseinander; Eine enge Verbindung von Krone und Altar blieb aber bis ins 19. Jahrhundert erhalten. Auch Reformation und Gegenreformation änderte daran nichts Wesentliches (Cuius regio, eius religio). Noch im 19. Jahrhundert waren Obrigkeit und Regierung auch für das Seelenheil der Menschen zuständig.

Nach den zwei Weltkriegen des 20. Jahrhunderts waren „alle alte Ordnungen" zerbrochen.

Zwar gab es nach 1945 in Österreich eine starke Nachfrage nach Kirche und Geborgenheit in ihr. Das hat sich verändert. Heute herrscht eher die Auffassung Religion, Kirche, das ist Privatsache.

Resümee: Das was war, kommt nicht mehr zurück. Wir können, müssen die Dinge tun, die heute und jetzt notwendig sind; mit der Gnade und Hilfe Jesu. Wiederholt sagte er zu seinen Aposteln und Jüngern: „Fürchtet euch nicht".

Das gilt auch uns.

Auch wenn sich bei uns in Österreich, in ganz Europa die Kirchen leeren, die Zahl der Priester- und Ordensberufungen zurückgegangen sind, eine Volkskirche mit 98% Katholiken nicht mehr existiert – Jesus ist immer bei und mit uns.

Einen Weg hat uns Pfarrer Heribert Leuthner nahe gebracht und uns von seinen Erfahrungen, seinem Wirken in Großpfarren Ecuadors erzählt.

Die Kirche hat eine dienende Funktion, ihre Aufgabe ist der Aufbau des Leibes Jesu-Christi – und dazu ist jeder Christ berufen. Nicht nur die Geweihten, sondern auch die sogenannten Laien, wir alle sind als missionarische Jünger Jesu gerufen und berufen.

Um missionarische Jünger zu sein oder zu werden, müssen wir als „Allererstes" Jesus kennen. Die Bibel nicht kennen, heißt Jesus nicht kennen.

Der Papst ermuntert uns, nein fordert uns auf, in unseren Gruppen gemeinsam die Bibel zu lesen, über das Gelesene zu sprechen, Bibel zu teilen, wenn wir das lernen, dann lernen wir auch, mit der großen Mehrheit der Außenstehenden über unseren Glauben zu reden.

In Südamerika, wo es viel weniger Priester gibt als in Europa, sind die „lebendigen Kräfte" der Christen, 99% Laien, die Träger der Evangelisierung.

Die Pfarren sind so zur Gemeinschaft von Gemeinden, Bewegungen und Gruppen geworden, die alle in ihr und diese wieder mit anderen Pfarren in der Diözese vernetzt sind.

Bekehrung, Neuevangelisierung kann man nicht anordnen, sondern dazu kann man nur überzeugen und das bedeutet, man muss zu den Menschen, den einzelnen Menschen gehen, bis an die Basis.

So ist auch der Aufruf unseres Erzbischofs, Kardinal Schönborn, zu verstehen:

Missio first, Jüngerschaftsschulung und dann Strukturreform.

Wichtig ist, dass jede Struktur Leben hat - moviovente = in Bewegung bleibt – und dass die Strukturteile (Einheiten) miteinander kommunizieren, vernetzt sind.


Ein ganz wichtiger Teil der christlichen Gemeinde ist neben Liturgie/Eucharistie und Verkündigung die Diakonie, der Aufbau einer solidarischen Gemeinschaft.

Wir dürfen an den Leiden der Menschen nicht vorbeigehen.


Am dritten Abend unseres Lehrganges referierte GV Dr. Krasa über die Stellung des Christentums in einer globalisierten Welt, in der Südamerika, China, Syrien, Nigeria und alle anderen Gebiete der Erde unsere Nachbarn geworden sind. Die Kirche steht in einem weltweiten Austausch auf allen Ebenen des menschlichen Lebens und stellt sich der Notwendigkeit, auch von den anderen zu lernen. Als Generalvikar erlebt er oft die Schwierigkeit von Menschen anderer Kulturen, sich auf unsere Form des Christ sein einzulassen, aber auch die große Enge in unseren Gemeinden, sich auf neue Formen des Christ seins einzulassen, anderen zuzutrauen. Als GV wünsche er sich eine größere Bereitschaft, sich auf Neues, auch auf eine andere Form des Christseins einzulassen. Heute sind Menschen Christen, weil sie es sein wollen, nicht mehr, weil sie es sein müssen.

„Die konstantinische Zeit der Kirche" ist vorüber, zumindest in Mitteleuropa.

Die Katholiken in Österreich, ja in ganz Westeuropa sind weniger geworden, es gibt andere Weltanschauungsgruppen, die mehr werden. Damit ändert sich die Form der Kirchenzugehörigkeit. Das Verhältnis Kirche und Welt, Kirche und Politik ist in einem radikalen Wandlungsprozess. Die politische Macht der Kirche hat deutlich abgenommen. In manchen (Wiener) Bezirken ist nur mehr ein Drittel der Wohnbevölkerung christlich. Das hat etwas mit uns gemacht.

Wir sind in einem dauernden Abwehrkampf. Die Kräfte im gesellschaftlichen Spiel haben sich verschoben, das mediale Klima hat sich geändert.

An Hand des 5. Kapitels des sogenannten „Diognet-Briefes" haben wir gemeinsam mit dem GV versucht, das Besondere des Christseins herauszuarbeiten.

Christen leben wie alle anderen - so schreibt der Briefverfasser - aber sie legen einen überraschenden Wandel an den Tag, sie stehen gleichsam paradox zur Welt.

Sie leben im Spannungsfeld Himmel-Erde: Sie sind Gäste auf Erden, ihre Heimat ist der Himmel. Sie gehorchen den bestehenden Gesetzen und überbieten in ihrem Lebenswandel die Gesetze. Sie lieben wo andere hassen und verzeihen denen, die sie verfolgen. Sie werden gekränkt und segnen, sie werden verspottet und erweisen Ehre.

Christen sind der dienende Geist in der Welt. Frieden und Versöhnung ist ihr Weg.

Ein Maßstab des Christseins aus den Zeiten des Anfangs des Christentums; auch wir werden uns an diesen Maßstab messen lassen müssen.

Es besteht eine Nachfrage nach solchen Menschen.

Reden wir auch von unserem Glauben, wagen wir unser Christsein, wir müssen nur Mut haben; den ernsthaft Strebenden lässt der Herr nicht im Stich.