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Die Katholische Soziallehre im Wandel - Wohlstand durch richtig verstandene Marktwirtschaft
Martin Rhonheimer über eine „Wirtschaftsform des Gebens" und die Katholische Soziallehre im Wandel

„Wohlstand kann allein durch einen richtig verstandenen, nämlich einen in eine funktionierende Rechtsordnung eingebetteten Kapitalismus und durch Marktwirtschaft geschaffen werden. Die Kräfte, die der wohlstandsvermehrenden Dynamik der kapitalistischen Marktwirtschaft immer wieder entgegenwirken, sind Staat und Politik – kurz: der auch heute – nicht zuletzt von katholischen Sozialethikern – beschworene ´Primat der Politik´", sagte Martin Rhonheimer, der in Rom lehrende Schweizer Hochschullehrer und Priester, bei seinem Vortrag über die „Katholische Soziallehre im Wandel" an der AMG-Akademie (Actio missionis gaudio) der KMB am 25. November 2016 im Stift Heiligenkreuz und trat damit vor den Besuchern aus dem Industrieviertel und Wien, darunter KA-Wien Präsident Walter Rijs, der These entgegen, Schuld an der immer größeren sozialen Ungleichheit innerhalb der reichen Industrienationen seien allzu freie und nichtregulierte Märkte und die Globalisierung.

Mit einer „Wirtschaftsform des Gebens" für das Gemeinwohl „arbeiten"
Auch Johannes Paul II. anerkannte dies in „Centesimus annus" als die „einzige menschengerechte und effiziente Wirtschaftsordnung", so Rhonheimer. Schon der Österreichische Wirtschaftsnobelpreisträger Friedrich August von Hayek habe in seinem Buch „Der Weg zur Knechtschaft" klar gemacht, nur eine freie Gesellschaft könne die Probleme der Zukunft bewältigen, wozu „eine von staatlichem Interventionismus und behördlicher Gängelung freie Marktwirtschaft notwendig" sei. Dafür habe Ludwig Erhard, der
entgegen den Weisungen der alliierten Besatzungsmächte in einer Nacht- und Nebelaktion eigenmächtig sämtliche Preisbindungen aufhob, „gleichsam den Tatbeweis" erbracht, so Rhonheimer.

Es brauche eine „Wirtschaftsform des Gebens", wo Reichtum und privates Eigentum „aufgrund einer unternehmerischen Idee produktiv investiert – also in eminent sozialer Weise verwendet" werde und damit für das Gemeinwohl „arbeite", sagte Rhonheimer, denn „entscheidend für die Erfolgsgeschichte der kapitalistischen Marktwirtschaft waren der konsequente rechtsstaatliche Schutz von Eigentumsrechten und eine stetig sich verbessernde Infrastruktur". Auch für die Entwicklung der heute ärmsten Länder seien „Schutz des Privateigentums und Rechtssicherheit die entscheidenden Voraussetzungen", so Rhonheimer.

Damit sei das Privateigentum „nicht ein Problem, sondern die Lösung für ein Problem: für das Problem der Armut", was auch Leo XIII. in „Rerum novarum" noch klar gesehen habe. Wenn es heute in der katholischen Soziallehre um höhere Besteuerung der Reichen und Umverteilung gehe, oder KSÖ-Direktorin Magdalena Holztrattner beim „Rerum novarum" Jubiläum an den „Primat der Politik" erinnerte, dann bleibe „unerkannt, dass gerade die kapitalistische Produktionsweise die soziale Funktion des Eigentums auf die wirksamste Weise zum Tragen bringt. Kapitalismus ist eindeutig nachhaltiger als Almosen geben", sagte Rhonheimer. Auch heute würden „unsere größten Probleme durch eine interventionistische Politik verursacht, die die wertschöpfenden Kräfte freien Unternehmertums stören oder zurückbinden". Ebenso würden unser „an der Wurzel krankes Geldsystem" und „die Geldpolitik der Zentralbanken, vor allem der EZB, die schmerzhafte, aber für eine Bereinigung der Situation absolut notwendige Anpassungsprozesse und entsprechenden Strukturwandel verhindern", betonte Rhonheimer.

Nicht fragen, wie wir Ungleichheit verringern, sondern: Wie entsteht Wachstum?
Da Sozialstandards, höhere Löhne und Umverteilung „keinen Wohlstand" schafften, müsse dem wirtschaftlichen der „sozialen Fortschritt notwendigerweise vorausgehen", weshalb Erhard meinte, „die beste Sozialpolitik sei eine gute Wirtschaftspolitik". Sozial Denkende sollten daher „nicht die Frage stellen: Wie können wir Ungleichheit verringern? Sondern: Wie entsteht Wachstum und allgemeiner Wohlstand, eben Wohlstand für alle, auch diejenigen, die jetzt noch in Armut leben?", sagte Rhonheimer.

Von einer Besinnung auf die große Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie, in den USA heute als „Austrian Economics" sehr bekannt, und den Einsichten ihrer großen Gründergestalten könnte die katholische Soziallehre „profitieren und dabei zu einer überraschenden Entdeckung gelangen: zur Entdeckung nämlich, dass echte, vom Staat nicht behinderte Marktwirtschaft zutiefst sozial ist und wie keine andere wirtschaftliche Ordnung dazu verhilft, eine auf den christlichen Werten von Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität gründende Gesellschaft zu verwirklichen", schloss Rhonheimer.

Franz Vock

Bilderreihe vom Vortrag von Dr. Martin Rhonheimer